40 Jahre Umweltschutzreferat Filderstadt

Natur schützen, Artenvielfalt bewahren

Die vier Damen stehen auf einer Wiese
Das engagierte Team des Filderstädter Umweltschutzreferats (von links): Luigia Cosenza, Claudia Arold, Andrea Weber, Simone Schwiete.

FILDERSTADT. Die Themen Umwelt und Natur sind in der Bevölkerung hoch angesehen, das Bedürfnis nach Naherholung und frischer Luft ist groß. Das war auch vor 40 Jahren so, als in Filderstadt das Umweltschutzreferat eingerichtet wurde – als eines der ersten in Baden-Württemberg. Happy Birthday!

Von Anfang an hatte das Umweltschutzreferat vielfältige Aufgaben. Ziel war und ist es, das Artensterben aufzuhalten und einen Beitrag zur Biodiversität (gesamte Vielfalt des Lebens auf der Erde) zu leisten. Die Arbeit veränderte sich im Laufe der Jahre. Förderprogramme kamen hinzu, die Gesetzgebung machte neue Vorgaben – zum Beispiel beim Artenschutz und der Flächenbelegung, der Lärmschutz wurde zur Pflichtaufgabe.

Wie alles begann …

Am 12. August 1985 nahm Dr. Franz-Josef Obergföll seine Arbeit als Filderstädter Umweltschutzreferent auf. Das Referat war im Landkreis Esslingen das erste seiner Art. Hervorgegangen war die Stelle aus der Auseinandersetzung um den Flughafen-Ausbau, bei dem sich zeigte, dass die ökologischen Belange im stark belasteten Filderraum stärker berücksichtigt werden mussten. Der „Pionier“ Obergföll fasste den Status quo in einem rund 250 Seiten umfassenden Umweltprogramm zusammen, welches die Bereiche Landschaftsökologie, Flächenverbrauch, Lärm- und Luftbelastung, Altlasten sowie Gewässerschutz untersuchte und als Grundlage seiner Arbeit diente.

In den 1990er Jahren unter dem damaligen Umweltreferenten Thomas Haigis standen Öffentlichkeitsarbeit, der Ausbau von städtischen Förderprogrammen, die Kampagne „Filderstadt fährt Rad“, Marktstände und verschiedene Aktionstage im Vordergrund. Seit 1991 erscheint als Dokumentation regelmäßig zum Jahresende die Schriftenreihe „Natur- und Umweltschutz in Filderstadt“. Das Thema der neuesten Ausgabe, die auf dem Plattenhardter Weihnachtsmarkt im Dezember vorgestellt wird: „Digitalisierung“.

Umweltbildung für jedes Alter

In den 2000ern war Umweltbildung ein wichtiger Bereich des Referats, das heute von Simone Schwiete und Claudia Arold im Leitungs-Duo geführt wird. Es fanden zahlreiche Kooperationen mit Schulen statt. Kinder sollten möglichst frühzeitig an das Thema herangeführt werden, das beginne bereits im Kindergartenalter, sagt Simone Schwiete. „Wir wollen alle Altersgruppen ansprechen, denn Umweltschutz gehört zu unserem Leben dazu“, ist sie überzeugt. Deshalb gab es beispielsweise für die Ausstellungen, die regelmäßig im Rathaus in Plattenhardt stattfanden, altersgerechte Führungen. Wurde das Angebot in den letzten Jahren reduziert, hoffen die Leiterinnen in den nächsten Jahren auf ein „Revival“.

Streuobstwiesen sind ein wertvolles Gut

Ein Schwerpunkt zieht sich durch die gesamten vier Jahrzehnte: der Schutz der 250 Hektar umfassenden Streuobstwiesen, die eine wichtige ökologische Funktion haben. „Die Filderstädter Streuobstwiesen bestehen aus rund 24.000 Bäumen“, zählt Claudia Arold stolz auf. Darunter seien über 200 verschiedene Apfelsorten, einhundert Birnensorten und 58 Zwetschgensorten. Ein Pfund, mit dem sich wuchern lässt! Beispiele gefällig? Um den Bestand an hochstämmigen Obstbäumen zu erhalten, gibt das Referat alljährlich Gutscheine für den Erwerb von Jungbäumen aus. 2008 wurde das Netzwerk Streuobst Filderstadt gegründet, das sich aus Fachleuten, Verwaltung, Landwirt*innen, Eigentümer*innen und Interessierten zusammensetzt. Auf dessen Initiative entstanden Projekte wie die Obstbörse, die Obstpresse, der Obstlehrpfad, die energetische Schnittgutverwertung, die Mistelbekämpfung sowie die Ausleihmöglichkeit von Obsterntetechnik. „Streuobstwiesen sind ein sehr wichtiger Biotoptyp auf den Fildern“, betont Arold. Daher würden die Projekte ständig ausgeweitet. Sie verweist in diesem Zusammenhang auf das Pilotgebiet Scherlachstraße/Stuttgarter Straße in Plattenhardt – hier werden regelmäßig neue Projekte getestet.

Ein echter Klassiker seit 1996 ist der Filderstädter Apfelsaft, der im Laufe der Jahre zu einer „Marke“ geworden ist und sich bei Jung und Älter großer Beliebtheit erfreut. Er wird aus unbehandeltem Obst der Streuobstwiesen in Zusammenarbeit mit der Fildergärtnerei Briem hergestellt. Anlässlich des Stadtjubiläums in diesem Jahr ließ das Team vom Umweltschutzreferat aus Früchten des Museumsobstgartens den FILSECCO herstellen. Der prickelnde Genuss war ein voller Erfolg und binnen kurzer Zeit ausverkauft. Doch keine Sorge! Die Produktion des FILSECCO soll fortgesetzt werden. Außerdem gibt es in Kürze ein weiteres lokales Produkt: Filderstädter Fruchtgummis aus zwei ausgewählten Sorten des Museumsobstgartens.

Umwelt und Natur im Fokus

Filderstadt verfügt über 36 Naturdenkmale, die es zu schützen und zu erhalten gilt – lange Zeit eine Aufgabe des Umweltschutzreferats: Neben dem Bärensee und der Haberschlaiheide zählen dazu auch Feldhecken, Klingen und Einzelbäume. Seit Beginn besteht eine enge Zusammenarbeit mit den Biotopkartierern Filderstadt. „Wir sind außerordentlich glücklich über diese ,externen Mitarbeitenden‘“, erklärt Simone Schwiete. Die Arbeitsgruppe wurde 1983 ins Leben gerufen und hat es sich zur Aufgabe gemacht, die schützenswerten Naturräume der Großen Kreisstadt zu erfassen und daraus praktische Naturschutzmaßnahmen abzuleiten. Mit ihnen zusammen wurden einige Artenschutzprogramme wie Rebhuhn, Amphibien, Reptilien und Tagfalter entwickelt. „Ein Segen für den heimischen Artenschutz und die Diversität“, betont die Referatsleiterin. Als ein Beispiel für die durch den Einsatz der Biotopkartierer erreichten Erfolge lässt sich der Teufelswiesenteich anführen. In dem von ihnen angelegten und 20 Jahre lang gepflegten Gewässer hat sich vor einigen Jahren der Kammmolch angesiedelt – eine echte Rarität.

Seit vielen Jahren kümmert sich der Schwäbische Albverein Bonlanden e.V. sehr engagiert um die Haberschlaiheide in Bonlanden. Unzählige Arbeitsstunden fließen von den Ehrenamtlichen in die Pflege des rund vier Hektar großen Naturdenkmals. Ohne diese wäre das Gleichgewicht in diesem Lebensraum für Heidekraut, Wacholder und Hauhechel sowie Dutzende Vogel- und Heuschreckenarten gefährdet. Mit jährlich vier bis sechs ehrenamtlichen Pflegeeinsätzen wirken die Vereinsmitglieder dieser Entwicklung sehr erfolgreich entgegen. Ein enormer Einsatz, den die freiwilligen Helfer*innen leisten. Ihnen gebührt der große Dank der Stadt Filderstadt.

Wunsch für die Zukunft: Achtsamkeit im Handeln

Jede(r) Einzelne kann etwas für die Umwelt tun. „Für die Zukunft wünschen wir uns ein verstärktes Umweltbewusstsein, das Handlungsmöglichkeiten nicht nur bei anderen, sondern bei jedem selbst sieht“, sind sich Simone Schwiete und Claudia Arold einig. Ihre Empfehlung: Das sollte jede(r) bei Kaufentscheidungen im Blick haben, ob bei Lebensmitteln oder Bekleidung, der Einmalnutzung von Produkten, der Wahl des Verkehrsmittels oder der Nutzung elektronischer Geräte. „Wir möchten dafür weiter sensibilisieren.“ Dann sei allen geholfen – Mensch und Natur. (ab)