Gemeinderat erteilt grünes Licht:
Eine Wohnraumstrategie für Filderstadt
FILDERSTADT. In Filderstadt soll Bewegung in den allgemeinen Wohnbau kommen. Hierfür hat die Verwaltung eine vielfältige Strategie entwickelt, die im Rahmen einer Informationsveranstaltung voraussichtlich im ersten Halbjahr 2026 der Öffentlichkeit vorgestellt und im Laufe der nächsten Jahre kontinuierlich realisiert werden soll.
Zugegeben, die Zielsetzung klingt ambitioniert. Schließlich ist Wohnraum derzeit rar – deutschlandweit wie auch in Filderstadt. Viele Menschen suchen ein Zuhause: Familien, Alleinstehende, Menschen mit kleinerem und größerem Geldbeutel, Alt- wie Neubürger*innen, Menschen mit Fluchterfahrung. Alle Personengruppen einer Stadtgesellschaft im Blick, hat die Verwaltung eine Konzeption zur Wohnraumentwicklung erarbeitet, die eine gute Durchmischung unterschiedlicher Zielgruppen und Milieus vorsieht. Oberbürgermeister Christoph Traub: „Wir müssen – soweit uns dies möglich ist – die Bedürfnisse aller Menschen in unserer Stadt bedienen. Wohnraum ist eine der derzeit größten sozialen Herausforderungen.“
Handlungsfeld: Schließung von Baulücken
Die neue Wohnraum-Strategie basiert auf drei Handlungsfeldern: Zum einen können so genannte „wohnbauliche Maßnahmen der Innenentwicklung“ vorangetrieben werden. Dies heißt im Klartext, im bestehenden Siedlungsgebiet werden bisherige Baulücken maßvoll geschlossen – sowohl als städtische als auch private Maßnahmen. Eignungskriterien für die stadteigenen Innenentwicklungsflächen sind beispielsweise die Baulandqualität, die Grundstücksverfügbarkeit, die städtebauliche Eignung sowie eine beschleunigte Fertigstellung.
Diese Wohnbereiche sollen verschiedenen Ansprüchen gerecht, gut „durchmischt“ werden. Dabei beträgt der Anteil des sozialen Wohnungsbaus rund 30 Prozent. Nach heutigem Planungsstand können durch diese Maßnahme bis zu zwölf Wohneinheiten pro Jahr im Stadtgebiet geschaffen werden. Geeignete Grundstücke für diese Wohnstandortentwicklung (mit Investor oder in der Hand der Stadt) liegen unter anderem an der Aicher Straße in Bernhausen, an der Ecke Wielandstraße/Heuss-Straße in Sielmingen oder auch im Bereich Benzenäcker in Sielmingen. Eine bauliche Umsetzung ist mittelfristig (Realisierungszeitraum bis zu fünf Jahren) terminiert.
Weitere städtische Grundstücke mit wohnbaulicher Eignung (aber längeren Vorlaufzeiten) befinden sich derzeit in planerischer Vorbereitung und werden dem Wohnungsmarkt sukzessive zugeführt. Hierunter fallen unter anderem Grundstücke an der „Lange Straße“ (Sielmingen), der „Nürtinger Straße“ (Bernhausen) sowie der „Kronen-/Riemenstraße“ (Bonlanden).
Handlungsfeld: Entwicklung von Neubaugebieten in Stadtrandlage
Ein weiteres Handlungsfeld liegt in der Entwicklung von Neubaugebieten in Stadtrandlage. Diese Maßnahme zur Wohnraum-Entwicklung erfordert einen langen planerischen Vorlauf mit vorgeschaltetem Grunderwerb, ermöglicht jedoch die Schaffung einer größeren Anzahl an Wohneinheiten. Ziel ist es, unterschiedliche Zielgruppen und Sozialmilieus sowie Wohnformen (Eigentum und Miete) zu durchmischen.
Aus fachlicher Perspektive werden mit Blick auf den Flächennutzungsplan (FNP) 2035 folgende Wohnbauflächen mit Priorität behandelt:
- „Unteres Rauhen 1“ (Bonlanden)
- „Unteres Rauhen 2“ (Bonlanden)
- „Südliche Weilerhau“ (Plattenhardt).
In der Summe können dort im Rahmen von Stadterweiterungsvorhaben rund 356 Wohneinheiten entstehen. Die planerische Umsetzung ist langfristig (das heißt, sie erfolgt in mehr als fünf Jahren).
Handlungsfeld: Errichtung von Unterkünften für Geflüchtete
Vorrangiges Ziel eines guten Miteinanders in der Gemeinschaft ist eine harmonische Durchmischung von Zielgruppen und Milieus im Stadtgebiet. Da die kritische Weltlage auch in Zukunft weitere Geflüchtete nach Europa und damit auch nach Deutschland führen wird, reichen die allgemein zur Verfügung stehenden Wohnungen auf dem angespannten Filderstädter Wohnungsmarkt nicht aus. In der Konsequenz muss die Stadt ausreichend Plätze in Unterkünften bereitstellen.
Zur Gesetzeslage: Die Unterbringung von geflüchteten Menschen ist eine dauerhafte kommunale Pflichtaufgabe. „Diese erfordert nicht nur ausreichende Kapazitäten, sondern auch eine sozial ausgewogene und integrationsfördernde Belegungsstruktur“, erklärt Christos Slavoudis, der Leiter des Amts für Integration, Migration und Soziales. Die Unterkünfte verfügen über eine bauliche Gesamtkapazität von 912 Plätzen. Aufgrund von so genannten „Schutzbedarfen“ (beispielsweise von Frauen) und unterschiedlichen Familienkonstellationen ist die tatsächlich nutzbare Belegungskapazität jedoch geringer.
Zu diesem Handlungsfeld: Es ermöglicht grundsätzlich die Errichtung von Unterkünften auch an solchen Standorten, an denen eine Wohnnutzung ansonsten unzulässig ist. Ziel dieser befristeten Sonderregelung ist es, eine Unterbringung von Menschen in Not auch unter schwierigen Wohnungsmarktbedingungen (zumindest in baurechtlicher Hinsicht) sicherzustellen. Konkret sind hier Unterkünfte an der Weidacher Straße und an der Turnackerstraße (beide in Bernhausen) vorgesehen.
Weitere Unterkünfte trotz derzeit sinkender Zahlen von Geflüchteten?
In den Medien wird derzeit berichtet, dass die Zahl der Geflüchteten, die nach Deutschland kommen, rückläufig ist. Dies ist korrekt, wirkt sich jedoch in Filderstadt noch nicht aus. Die Erklärung ist einfach: Die Menschen, die die Große Kreisstadt insbesondere im Jahr 2026 aufnehmen muss, sind bereits im Land (genauer im Landkreis Esslingen). Zuverlässige Prognosen über künftige Zuweisungen können nicht getroffen werden. Die Stadt muss handlungsfähig bleiben und handeln.
Zur Erklärung: Die Anschlussunterbringungen stellen einen zentralen Bestandteil der kommunalen Verantwortung im Bereich der Aufnahme von Geflüchteten dar. Nach der Phase der vorläufigen Unterbringung in der Zuständigkeit des Landkreises („VU“) sind die Städte und Gemeinden gesetzlich verpflichtet, Personen, die dauerhaft in Deutschland bleiben, in die so genannte „kommunale Anschlussunterbringung“ („AU“) zu übernehmen.
24 Unterkünfte im Stadtgebiet
Christos Slavoudis: „Vor dem Hintergrund anhaltender Zuweisungen und befristeter Unterkünfte ist es daher unerlässlich, die Anschlussunterbringung in Filderstadt vorausschauend und strategisch weiterzuentwickeln, um ihrer gesetzlichen und gesellschaftlichen Verantwortung auch in Zukunft gerecht zu werden.“
Derzeit sind die Menschen in 24 Unterkünften in Filderstadt (Großunterkünfte: „Humboldtstraße“ und „Rainäckerstraße“ in Bonlanden, „Seestraße“ in Sielmingen, „Im Weilerhau“ in Plattenhardt und künftig „Gottlieb-Daimler-Straße“ in Bernhausen mit rund 580 Plätzen/diverse dezentrale kleinere Unterkünfte im Stadtgebiet mit rund 437 Plätzen) untergebracht.
Die grundsätzliche Zielrichtung der Unterbringungen ist in dezentralen kleinen Einrichtungen oder in privatem Wohnraum (dafür gibt es viele gut funktionierende Beispiele im Stadtgebiet). Dies ist aufgrund des sehr angespannten Wohnungsmarktes und der mangelnden Verfügbarkeit von Flächen bei der Anzahl von Menschen leider nicht möglich. Daher muss es auch die größeren „AUs“ geben – manche sind zeitlich befristet eingerichtet worden. Aktuelle Beispiele: die Unterkünfte „Im Weilerhau“ sowie „Humboldtstraße“.
Befristete Verlängerung der Standorte „Humboldtstraße“ und „Im Weilerhau“
Aufgrund der Aufnahmeverpflichtungen von Geflüchteten des Landkreises Esslingen werden die Unterbringungskapazitäten in Filderstadt zum Ende des Jahres 2025 erschöpft sein. Daher muss die Stadt Filderstadt reagieren: Der Gemeinderat hat bereits den Bau der Anschlussunterkunft in Bernhausen (Gottlieb-Daimler-Straße mit rund 105 Plätzen) beschlossen. Diese soll 2026 realisiert werden.
Darüber hinaus sieht sich die Stadt veranlasst, den zeitlich befristeten Standort „Im Weilerhau“ (142 Plätze) um zwei Jahre zu verlängern, mit einer Option auf eine weitere Verlängerung um ein Jahr. Der Standort Humboldtstraße (90 Plätze) soll dagegen zunächst über das Jahr 2027 hinaus erhalten bleiben. Dies ist erforderlich, um sowohl die dort derzeit untergebrachten Personen als auch mögliche zusätzliche Zuweisungen verlässlich und ohne Versorgungslücke unterbringen zu können, bis andere Standorte planungsrechtlich, baulich und betrieblich vollständig zur Verfügung stehen.
Der Gemeinderat ist den Vorschlägen der Verwaltung in seiner jüngsten Sitzung gefolgt. (sk)
